…ohne Worte!

….so geht es auch vielen SüdtirolerInnen !

Artikel NTZ Neue Tageszeitung

Die Allianz mit FdI und Co. spaltet die Volkspartei. Senatorin Julia Unterberger spricht über das rechte ?Gruselkabinett“, die Katakombenschulen und über ihren (einzigen) Fratello-Freund in Rom. Tageszeitung: Frau Unterberger, Sie waren bei der der Sitzung des SVP-Ausschusses am Samstag nicht anwesend. Für welche Variante hätten Sie abgestimmt? Julia Unterberger: Dass ich nicht anwesend war, liegt mir schwer auf dem Magen. Ich war außer Landes und habe den Verlauf der Sitzung total falsch eingeschätzt. Ich bin davon ausgegangen, dass, wie es in der Einladung stand, der Landeshauptmann und der Parteiobmann einen Vorschlag unterbreiten werden. So wie es in der letzten Sitzung auch war. Ich habe mich darauf verlassen, dass es ein Kompromiss sein würde, mit dem alle in der Partei leben können. Ich kenne die Einstellung des LH, deshalb habe ich die Möglichkeit dieses doppelten Rechtsschwenks gar nicht in Betracht gezogen. Jetzt haben wir die paradoxe Situation des progressivsten Landeshauptmannes unserer Geschichte mit der rechtesten Regierung unserer Geschichte. Aber zurück zu Ihrer Frage: Ich hätte natürlich für eine Mittelinksvariante gestimmt, wobei ich betonen muss, dass ich mich schon damit abgefunden hatte, um Fratelli und Lega nicht herumzukommen, und diese Parteien um den Preis der Wiederherstellung der Autonomie auch geschluckt hätte. Aber dazu noch die Freiheitlichen, das ist echt schwer zu akzeptieren. Der progressive Flügel in der Partei, der durch die Landtagswahlen eigentlich gestärkt wurde, ist wieder einmal total unter die Räder gekommen. Befürchten Sie einen Rechtsrutsch der SVP? Natürlich haben die konservativen Mitglieder unserer Partei ordentlich Verstärkung erhalten. Aber ich denke, LH Kompatscher ist nach wie vor Garant dafür, dass bestimmte Werte und Errungenschaften nicht angetastet werden. Die ?Frankfurter Allgemeine“ spricht von einem ?Dammbruch“, weil sich die SVP jetzt mit ihren historischen Feinden in ein Boot setze. Teilen Sie diese Einschätzung? Es ist sicher ein Dammbruch, wenn die SVP eine Regierung mit den Postfaschisten bildet, die sich noch nie von ihrer Vergangenheit distanziert haben, geschweige denn ein Bedauern für das von den SüdtirolerInnen erlittene Unrecht zum Ausdruck gebracht haben. Meine Großmutter war Katakombenlehrerin, die würde sich wirklich im Grab umdrehen. Dass die Vertreter der Fratelli ihre nationalistische Gesinnung nicht wirklich abgelegt haben, kommt ja immer wieder zum Ausdruck, wenn es zum Beispiel um den Doppelpass, die Südtirolaktivisten usw. geht. Aber wir machen sie vor allem für das deutsche Ausland salonfähig. Von dort hat man den SüdtirolerInnen nach dem Wahlsieg der FDI noch besorgte Solidaritätsbekundungen geschickt. Obwohl sich die Mitte-RechtsKoalition seit langem abgezeichnet hat, hagelt es jetzt empörte Reaktionen vonseiten vieler Altmandatare. Wäre es nicht besser gewesen, früher aufzustehen und laut gegen diese Regierung zu protestieren? Es stimmt, dass sich die Lösung mit den Fratelli abgezeichnet hat, weil sie versprochen haben, die verlorenen Kompetenzen wiederherzustellen. Trotzdem waren, glaube ich, viele Altmandatare überrascht, mit welcher Leichtigkeit und überwiegenden Mehrheit diese Entscheidung getroffen wurde. Wie der ehemalige Parteiobmann Siegfried Brugger richtig sagt, hätte man zuerst alle anderen Varianten eingehend prüfen müssen. Man hat zwischen links und rechts abgestimmt. Was ist mit einer Mitte-Lösung mit Team K und Gennaccaro? Die wäre ja auch möglich gewesen. Jetzt ist es wie es ist und wir müssen das Beste daraus machen. LH Arno Kompatscher fordert von der Ministerpräsidentin klare Zusagen hinsichtlich der Wiederherstellung der verlorenen Kompetenzen. Inwieweit ist sie dem nachgekommen? Ja, da hat er recht. Wenn wir diesen schwierigen Schritt machen, dann müssen die Zugeständnisse gesichert sein. Im Oktober hat LH Kompatscher der Ministerpräsidentin einen Vorschlag für die Überarbeitung unseres Autonomiestatutes ausgehändigt. Ich habe erst kürzlich eine Anfrage an Meloni gestellt, wie es jetzt weitergeht. Eine konkrete Antwort habe ich nicht erhalten, nur dass technische Tische eingerichtet werden. Die Regierung könnte uns aber zumindest ungefähr sagen, welche unserer Forderungen angenommen werden. Außerdem sind Regierungswechsel in Italien sehr häufig, wie wir wissen. Was tun wir dann? Ganz abgesehen davon bin ich nicht dafür, dieser Frage alles unterzuordnen. Es geht auch darum, ob man eine moderne zukunftsfähige Politik machen und den größten Herausforderungen unserer Zeit wie Klimawandel, Migration usw. enkeltaugliche Antworten geben will oder ob man sich mit einer ganzen Reihe ewiggestriger Kräfte einlässt. Wenn man auf die FDI partout nicht verzichten wollte, musste man dann noch die Freiheitlichen ins Boot holen, statt die FDI mit einer fortschrittlicheren Kraft auszugleichen? Es gibt ja schon prominente Parteiaustritte, z.B. Albert Pürgstaller und Andreas Unterkircher. Ein Zeichen für den Unmut des progressiven Flügels? Ja, natürlich! Ich hatte mich über den Beitritt von Andreas Unterkircher sehr gefreut. Ein Beweis, dass die SVP auch für Menschen attraktiv ist, die sich vor allem gegen Diskriminierungen und für andere Minderheiten einsetzen. Ich kann verstehen, dass Andreas sich unter diesen Umständen in der SVP nicht mehr beheimatet fühlt. Sehr bedauerlich für mich ist auch der Austritt von Albert Pürgstaller. Abgesehen davon, dass er mich in die Partei geholt hat, als ich noch als ?Männerfresserin“ verschrien war, war er der letzte Vorsitzende, unter dem die ArbeitnehmerInnen noch ein Gewicht in dieser Partei hatten. Wenn ich in der Zeitung lese, dass sich ausgerechnet die ArbeitnehmerInnen-Vorsitzende und die Landesrätin für Rechts-Rechts ausgesprochen haben, verstehe ich die Welt nicht mehr. Wissen sie nicht, dass die rechten Parteien auf staatlicher Ebene gegen den Mindestlohn sind, die Renten der ArbeitnehmerInnen und die Sozialleistungen kürzen und mit der Flat Tax ihren Lobbys, den kleinen und mittleren Unternehmen, und der Landwirtschaft zuarbeiten? Von ihrer Frauenpolitik gar nicht zu reden! Die meisten ?linken“ Stimmen kamen ausMeran, wo die SVP den grünenBürgermeisterPaul Rösch gestürzt hat, um den ?rechten“Dario Dal Medico zur Macht zu verhelfen. Sehen Sie darin keinen Widerspruch? Dass inMeran die SVP den grünenBürgermeister gestürzt hat, ist eine gewagte Behauptung. Das haben die Grünen schon selber erledigt, indem sie nicht kompromissbereit bereit waren und sich auf Madeleine Rohrer versteift haben, obwohl das laut Proporz nicht möglich war. bzw die SVP auf ein Assessorat verzichten hätte müssen. Mit ein bisschen mehr Flexibilität wäre der von mir geschätztePaul Rösch nochBürgermeister. Aber ich glaube, die Meraner SVP zeigt in ihrer politischen Haltung eine klar erkennbare soziale und ökologische Handschrift. Daher ist es konsequent, wenn sie sich für Mittelinks ausgesprochen hat. Wie wirkt sich die Entscheidung des SVP-Ausschusses auf die Arbeit der SVP-Parlamentarier in Rom aus? Wird es eine Annäherung zur Regierungsmehrheit geben? Die Koalition in der Südtiroler Landesregierung wird sich nicht auf die Arbeit der Autonomiegruppe auswirken. Dort haben die linksliberalen Kräfte eine klare Mehrheit. Wir machen zwar keine Fundamentalopposition und haben einen pragmatischen Ansatz. Aber wir erheben unsere Stimme, auch wenn es um Werte geht, die wir mit der rechten Regierung nicht teilen. Sie bleiben also in der Opposition? Auf jeden Fall. Wie ist Ihr persönliches Verhältnis zu den Parlamentariern von Fratelli d’Italia und Lega? Ich habe nicht viele private Kontakte zu PolitikerInnen aus dem rechten Lager, man begegnet sich meistens höflich und umgänglich, aber mehr nicht. Es gibt nur eine Ausnahme, den jetzigen Präsidenten der Verfassungskommission (und Tierschützer) Alberto Balboni von FDI, den würde ich als Freund bezeichnen, auch wenn wir immer zu diskutieren haben. Ein wichtiges Thema, das die SVP angehen muss, sind die Europawahlen im kommenden Jahr. Ist ein Wahlbündnis mit Rechtsaußen, das Herbert Dorfmann das Ticket nach Brüsseln sicherstellt, aus Ihrer Sicht denkbar? Denkbar ist inzwischen alles, aber ich vermute doch, dass es bei der Koalition mit FI bleiben wird. Die sind wenigstens in der europäischen Gruppierung der Volksparteien, während sei es FDI als auch Matteo Salvini jeweils mit den rechtsradikalen Partein im Boot sitzen. Salvini versucht gerade, Meloni rechts zu überholen und hat das ganze Gruselkabinett von Le Pen über Wilders, die Freiheitlichen, die AFD und Konsorten nach Italien eingeladen. Mit drei dieser Parteien außerhalb des europäischen Spektrums ist die europafreundliche SVP jetzt im Begriff, eine Koalition einzugehen. Senatorin Julia Unterberger: ?Es ist ein Dammbruch“

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