Keine Revolution aber viele Fragen

Beitrag von Alfred Ebner


Die Landtagswahlen sind bereits Geschichte. Das Ergebnis allerdings wird unsere lokale Politik noch lange beschäftigen. Was in demokratischen Ländern seit jeher zur Normalität gehört, nämlich der Regierungswechsel, war bisher kaum denkbar.

Was in demokratischen Ländern seit jeher zur Normalität gehört, nämlich der Regierungswechsel, war bisher kaum denkbar. Die SVP regiert diese Provinz seit der Nachkriegszeit, gemeinsam mit einem italienischen Partner. Diesen konnte sie sich meist selbst aussuchen und dies meist nur, weil aufgrund der Autonomiebestimmungen die Anwesenheit eines oder mehrerer Mitglieder der italienischen Sprachgruppe im Landesausschuss vorgesehen war.
„Die Macht zermürbt jene, die sie nicht haben“, sagte Giulio Andreotti, obwohl der Spruch nach Ansicht der Historiker dem berühmten Politiker Tayllerand zuzuschreiben ist. Aber in Wahrheit nutzt die Macht auch ab, wenn man sie hat, wie die Wahlen seit Jahren in ganz Europa belegen. Mit leicht verständlichen Lösungen für komplexe Probleme gewinnt man zwar Wähler, aber einmal an der Macht wird es schwer die Versprechen einzuhalten und die Politik wird somit immer weniger glaubwürdig.

Auch hat sich die Gesellschaft verändert und deren Prioritäten. Heute reichen der Schutz der deutschen Minderheit Rom gegenüber und die Verteidigung der Autonomie anscheinend nicht mehr aus, um die Mehrheit der Wähler für die Sammelpartei zu mobilisieren. Diese Entwicklung war absehbar.

Die ungerechte Verteilung des Reichtums, die Verunsicherung des Mittelstands und die wachsende Bedrohung durch Kriege und Pandemien treiben viele Menschen in die Arme der Populisten. Andere wiederum gehen desillusioniert gar nicht mehr zur Wahl.

Aber auch lokale Themen wie die Probleme mit Wolf und Bären rückten ins Zentrum des lokalen Geschehens. Nicht zuletzt haben die Ausländerfrage und die Diskussion rund um die Sicherheit die öffentliche Meinung stark verunsichert. Während sich die italienischsprachige Bevölkerung der Stimme enthalten hat, haben in der deutschsprachigen Welt die Populisten von rechts stark gepunktet.
Jetzt gilt es anzupacken, will man den verlorenen Boden gutmachen. Hohe Inflationsraten und der Verlust der Kaufkraft von Löhnen und Renten, die hohen Wohnkosten, die Wartelisten in der Sanität und die Umweltprobleme sind Probleme, die auf eine Lösung warten.

Aber auch die Überzeugung in weiten Teilen der Bevölkerung, dass letztlich einige Lobbyisten die Politik vor sich her treiben, hat sich negativ auf das Wahlverhalten vieler Menschen ausgewirkt. Besonders während der Pandemie hat sich dieser Eindruck noch verstärkt.
Nun gilt es, mit der neuen Situation umzugehen. Der alleinige Vertretungsanspruch der deutschen Volksgruppe der Regierung gegenüber seitens der SVP ist Geschichte. Man wird sich notgedrungen mit einer zweiten deutschen Partei zusammentun müssen, um eine halbwegs stabile Mehrheit im Landtag zu haben.

Wer jedoch an der Landesregierung beteiligt wird, fällt nicht in unserem Aufgabenbereich, sondern ist Aufgabe der Politik. Wir werden aber weiterhin versuchen unsere Themen voranzubringen, unabhängig von der politischen Zusammensetzung der neuen Executive.
Es braucht aber mehr denn je eine stabile Mehrheit, die imstande ist Entscheidungen zu treffen und diese auch weiterzubringen. Leicht wird dies sicherlich nicht sein. Unabhängig von der zahlenmäßigen Zusammensetzung der Mehrheit – die sicherlich nicht sehr groß sein dürfte – stellt sich die Frage nach der politischen Kompatibilität der einzelnen Parteien, die oftmals eine ziemlich unterschiedliche Ausrichtung haben.

Das Risiko ist auf der Suche nach Einigungen ein Stillstand innerhalb der Landesregierung bei wichtigen und notwendigen Maßnahmen.

Dies gilt es zu vermeiden, denn die Probleme können nicht durch langwierige Diskussionen innerhalb der zukünftigen Mehrheit auf die lange Bank geschoben werden. Ebenso wenig benötigen wir einen fortwährenden Wahlkampf. Auch wäre es falsch, die Rolle der Sozialpartner zusätzlich zu schwächen, besonders wenn es, wie angedeutet, zu einer Koalition mit drei oder vier Parteien kommen sollte.

Auf der Suche nach politischen Kompromissen zwischen den Mehrheitsparteien ist unser Handlungsspielraum nämlich meist geringer. Als Sozialpartner müssen wir uns daher hauptsächlich im Vorfeld bewegen und bereits dort unsere Vorstellungen einzubringen.
Dies bedeutet aber, dass wir auf die Menschen mit klaren Vorstellungen zugehen müssen. Ohne den notwendigen Konsens unter den Arbeitnehmern und Rentnern wird es für uns kaum möglich sein, auf die Politik einzuwirken. Ausschließlich auf die Sozialpartnerschaft und die Verhandlungstische zu bauen, reicht sicherlich nicht aus, um Ergebnisse zu erzielen. Es braucht auch den Druck von unten.

Dies könnte aber auch eine Chance für die Gewerkschaft sein, um der Politik gegenüber zu den anderen Verbänden aufzuschließen. Der Wähler hat nämlich auch den heimischen Lobbyisten die Gelbe Karte gezeigt.
Ob und wie viel sich ändern wird, werden die nächsten Wochen zeigen. Weitermachen so wie bisher wird kaum möglich sein. Krisen sind aber auch eine Möglichkeit sich neu aufzustellen und dies sollte genützt werden. Wir werden unseren Beitrag sicherlich leisten. Es sollten allerdings jene zum Zuge kommen, die die notwendige Kompetenz besitzen, um die anstehenden Probleme anzugehen.

Die Politik muss vermehrt die Allgemeininteressen vertreten und sich nicht von den Interessen der einzelnen Lobbys allzu stark beeinflussen lassen. Auch sollte sich die künftige Landesregierung als Vertretung aller Sprachgruppen sehen. Dies wird aufgrund des Rechtsrucks der Wähler alles andere als leicht sein und das Risiko die eigene Volksgruppe vertreten zu wollen, ist auf beiden Seiten sicherlich vorhanden. Auch dürfen die Ausländer nicht pauschal als Sündenböcke für unsere Probleme abgestempelt werden, auch wenn dies wahltaktisch sicherlich Vorteile bringen kann.
Alfred Ebner

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